Berchtesgaden: Warum königliches Schloss UND königliche Villa

Oktober 2022

Obwohl Berchtesgaden in der Zeit der Wittelsbacher Könige keine Residenzstadt war, hat es sowohl ein königliches Schloss als auch eine königliche Villa. Es stellt sich die Frage - warum ist das so? 

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königliche Villa

Wir schreiben das Jahr 1848. Im damaligen Deutschland gibt es Unruhe. Politische Strömungen gegen die bestehende Ordnung rühren das Land auf. So auch in Bayern. König Ludwig I. dankt schließlich ab. Sein Verzicht auf das führende Amt im Staat bedeutet aber nicht Verzicht auf alle Privilegien. So behält er sich unter anderem das Recht vor, das Schloss in Berchtesgaden weiterhin als seine Jagdresidenz zu nutzen. Sein Sohn und Nachfolger im Königreich Bayern, Maximilian II., geht selbst gern auf die Jagd – auch in Berchtesgaden. Da sein Vater das dortige Schloss aber nach wie vor beansprucht und Maximilian II. nicht im selben Haus wohnen wollte wie sein Vater, entschließt er sich seine eigene Residenz zu bauen: von 1849 -52 entsteht die Königliche Villa, dann auch Max Villa genannt, im klassizistisch- italisierenden Stil  Damals stand sie noch außerhalb der Ortsmitte, heute ist sie ein Teil davon und ihr zu Füßen befindet sich der Prinzregent Luitpold-Park. Die Pläne stammten von Architekt Ludwig Lange. Kopfbildnisse an der Außenfassade personalisieren das Gebäude. Kaspar Walch vom Roßpoint hat dort den König und seine Gattin Marie von Preußen verewigt. In der Königlichen Villa empfängt der den Wissenschaften nahe stehende König Max über viele Jahre hinweg nicht nur Familienmitglieder, sondern auch bedeutende Persönlichkeiten. Untergebracht waren sie im an die Residenz anschließenden Gästetrakt.

Mit dem Ende der Monarchie übernahm der Wittelsbacher Ausgleichsfonds (WAF) die Verwaltung. Die Villa wurde unterschiedlicher Nutzung zugeführt, so zum Beispiel am Ende der 20er Jahre in das Kur-Cafe umgewidmet. 1975 veräußerte sie der WAF.  Heute befinden sich dort u.a. Eigentumswohnungen.

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königliches Schloss

Das Königliche Schloss, als Klosterkomplex Jahrhunderte lang Wohn- und Regierungssitz der Augustiner Chorherren, befand sich nach der Säkularisation seit 1810 im Besitz der damaligen Königsfamilie. War es früher eine lediglich sporadisch besuchte Jagdresidenz, wandelte es sich ab 1922 zu einem festen Wohnsitz. Kronprinz Rupprecht lebte hier mit seiner Familie bis 1933. Er war es auch, der das Gebäude zu einem Museum machte, eingerichtet mit hochwertigsten Kunstgegenständen aus der Sammlung Wittelsbach.

Nach dem 1.WK ging es ebenfalls in die Verwaltung des WAF über, blieb aber bis in die Gegenwart persönliche Residenz des Oberhaupts des Wittelsbacher Hauses, heute Herzog Franz von Bayern. Neben seinem Hauptwohnsitz in Schloss Nymphenburg in München besucht der Herzog Berchtesgaden jedes Jahr einige Male. Weilt er nicht hier, ist das Berchtesgadener Schloss ein Museum, offen für jeden.

Per-Aline Merz-Gödde