Auch Überreste des "Berghofs" wurden ohne Zustimmung abgetragen

28.10.2009

Das Obersalzberg Institut e.V. hat im Rahmen seiner Bemühungen um Aufklärung vieler Fragen zu den Vorgängen um den Denkmalschutz von Bauten auf dem Obersalzberg weitere wichtige Informationen erhalten.

Teilansicht der Ruinen des ehem. Berghofs vor dem Abbruch (ca. 1996)

 

Das Bayerische Landesamts für Denkmalpflege in München bestätigte in einem Schreiben vom 27. Oktober 2009, dass auch die Überreste des ehemaligen "Berghofs" von Adolf Hitler ohne Anhörung der Fachbehörde abgetragen wurden. Der Fall dürfte insofern eine besondere Brisanz aufweisen, als die Behörde den von der Finanzverwaltung geplanten Abbruch der Ruinen bereits erstmals am 10.Oktober 1991 abgelehnt hatte. Dem damaligen Bayerischen Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst hatte die Behörde mitgeteilt, dass man im Abbruch der Ruinen den falsch verstandenen Akt einer späten "damnatio memoriae" sähe und daher die Beseitigung anschaulicher und ablesbarer Spuren eines "wenn auch schuldbeladenen und schrecklichen Kapitels deutscher Geschichte" ablehne.

Noch einmal, am 16.Juni 1992, bekräftigte das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege gegenüber dem damaligen Bayerischen Kultusministerium seinen Standpunkt, dass es die Beseitigung der Ruinenreste nach wie vor ablehne. In der für die Zukunft des Obersalzbergs entscheidenden Ministerratssitzung vom 1. August 1995 wurde sogar vom Kabinett bestätigt, dass die Bauten auf dem Obersalzberg als Relikte der düstersten Epoche der deutschen Geschichte zwar "höchst unbequeme Geschichtszeugnisse" darstellten, ihre Denkmaleigenschaft hingegen "doch zweifelsfrei" sei.

Etwa zwei Jahre später wurden die baulichen Überreste dann trotz der Ablehnung der Fachbehörde und der unzweifelhaft bestehenden Denkmaleigenschaft beseitigt. Heute existieren noch die Hangmauern, Grundmauerreste, Kelleranlagen und die Zufahrtsstraße zum ehemaligen "Berghof". Die Objekte sind jedoch größtenteils verschüttet. Seit 2008 befindet sich eine erste Erklärungstafel des Instituts für Zeitgeschichte auf dem Gelände.

Der Sprecher des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege Dr. Richard Nemec bestätigte ferner, dass keinem Baudenkmal auf dem Obersalzberg, das auf der nicht für die Veröffentlichung bestimmten Version der Denkmalliste von 1985 erscheint, je die Denkmaleigenschaft aberkannt wurde. Demnach handelt es sich bei folgenden Objekten nach wie vor um Denkmäler im Sinne des Denkmalschutzgesetzes: Kehlsteinhaus und Kehlsteinstraße, ehem. Atelier Speer, Gutshof Obersalzberg, Berghofruinen, verschiedene Bunkersysteme und das Waltenbergerheim (ehem. Wohnhaus Albert Speers).

Da im Landesamt für Denkmalpflege bis heute keine amtliche Kartierung für den Obersalzberg existiere, sei es nach den Worten von Dr. Richard Nemec nun notwendig, das Areal mit diversen Prospektionsmethoden erneut zu untersuchen, um das aktuelle Bild zu gewinnen. Anschließend werde die Denkmaleigenschaft aller Objekte überprüft. Mit den Arbeiten solle zügig begonnen werden, denn das Bayerische Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst habe am 20. Oktober 2009 mitgeteilt,"dass die Erfassung bzw. Überprüfung der denkmalwerten Anlagen im Bereich des Obersalzbergs durch das Landesamt für Denkmalpflege wie vorgeschlagen grundsätzlich im Rahmen der Nachqualifizierung der Denkmalliste 2010/2011 erfolgen soll" und im Übrigen die fachliche Überprüfung anlassbezogen auch bereits zu einem früheren Zeitpunkt erfolgen könne, sofern aktuelle Planungen bspw. im Bereich des Straßen- und Wegenetzes dies für Erlaubnis- bzw. Genehmigungsverfahren erforderlich machen.

 

Erklärungstafel des Instituts für Zeitgeschichte auf dem ehem. Berghofgelände