"Die geheimnisvollen Leben der Lee Miller." Radio BR 2 am Sonntag, 20. November, 20.00 - 21.00 Uhr

20.11.2005

Im Mai 2005 hielt Antony Penrose auf Einladung des Obersalzberg Instituts e.V. einen Vortrag über das Werk seiner Mutter, der berühmten amerikanischen Fotografin Lee Miller anlässlich der Veranstaltungsreihe "60 Jahre Kriegsende - Bewegte Geschichte erleben". Nun rekonstruiert BR-Autor und OI-Mitglied Ulrich Chaussy den spannenden Lebensweg Lee Millers in einem aktuellen Beitrag.

Lee Miller (Copyright Lee Miller Archives)

 

Model, Muse, Künstlerin

Erst posierte sie als blonde Schönheit in angesagter Mode für die Titelseiten von "Vogue". Bald stand sie in New York und ab 1929 in Paris berühmten Fotografen wie George Hoyningen-Huene und Edward Steichen Modell: die 1907 in Poughkeepsie im amerikanischen Bundesstaat New York geborene Elisabeth, genannt "Lee" Miller. Dann wurde sie die Assistentin und Geliebte von Man Ray in Paris, auf unzähligen seiner Bilder ist ihr Körper zu sehen. Schließlich eröffnete Lee Miller in New York ihr eigenes Studio, um fortan auch hinter der Kamera zu arbeiten. Sie wurde die Porträtistin der Künstler der Moderne. Oft war die Faszination gegenseitig, wenn sie etwa Picasso fotografierte, ließ der sie nicht weg, ohne sie gemalt zu haben. Im Kreis der Surrealisten traf sie 1937 ihren späteren Ehemann, den Maler und Kunstsammler Roland Penrose.
Ihre erfolgreiche Arbeit für die Vogue gab Lee Miller auf, als der Krieg sie in den vierziger Jahren in seinen Bann zog. Sie wurde die einzige offiziell akkreditierte weibliche Kriegsfotografin, die im Tross der amerikanischen Armee das Kriegsende dokumentierte, angefangen von den Lazaretten hinter der Invasionsfront bis zum Einmarsch nach Deutschland. In dieser verstörenden Zeit begann Lee Miller, was sie sah und erlebte, nicht nur mit der Kamera, sondern auch mit der Schreibmaschine zu dokumentieren: die zerstörten deutschen St?dte, die Gräuel in den Konzentrationslagern Buchenwald und Dachau, bei deren Befreiung sie zugegen war, aber auch die Götterdämmerung bei der Nazi-Elite:
Von Lee Miller stammen die einzigen Fotos des beim Einmarsch der Amerikaner in Brand gesetzten Berghofs Hitlers am Obersalzberg. Nach dem Krieg gab Lee Miller ihre fotografische Arbeit abrupt auf und sprach auch nicht mehr darüber.
Ihr 1947 geborener Sohn Antony Penrose entdeckte erst Jahre nach Lee Millers Tod 1977 die Spuren der künstlerischen Arbeit seiner Mutter und trug ihr Werk posthum zusammen.
Ulrich Chaussy zeichnet den Lebensweg Lee Millers nach; mit Textdokumenten aus ihrer Feder und Zeugnissen über sie, Tondokumenten u.a. von Lee Miller, Roland Penrose und Lee Millers Sohn Antony Penrose. Er begleitete Tony Penrose im Mai 2005 durch Berchtesgaden - die Schwarzweiss-Motive der Mutter verglich Penrose mit der heutigen Situation - an den selben Stellen schoss er Vergleichsaufnahmen.