Obersalzberg Institut e.V. stellt Eilantrag zur Überprüfung der Denkmaleigenschaft der Straßenbauten am Kehlstein

24.04.2009

Vor dem Hintergrund der für Frühjahr geplanten Abtragungsarbeiten historischer Straßenbausubstanz durch die Bayerischen Staatsforsten beantragte das Obersalzberg Institut e.V. die Überprüfung der historischen Hochgebirgs-Straßenbauten im Bereich des Kehlsteins bei Berchtesgaden (Gesamtumfang 23,3 km) auf Denkmaleigenschaft und die damit zusammenhängende Möglichkeit zum Eintrag dieser Straßen in die Liste der Bodendenkmäler.

Das Obersalzberg Institut e.V. fordert hierbei nicht nur im Interesse seiner Mitglieder, sondern auch aufgrund diverser Anregungen aus der Bevölkerung und aus dem Umfeld der Kehlsteinbetriebe eine zügige Denkmalüberprüfung ein. In Zusammenarbeit mit Fachleuten wurde nun eine Begründung ausgearbeitet, die wie nachfolgend zitiert nun dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege vorliegt:

Begründung der Forderung des Obersalzberg Instituts e.V. nach Denkmalschutz für die Hochgebirgsstraßenbauten im Bereich des Kehlsteins:

Die 1937-38 durch die Staatliche Bauleitung der Deutschen Alpenstraße im Auftrag der Verwaltung Obersalzberg erbaute Hochgebirgsstraße zum Kehlstein , sowie die untrennbar damit verbundenen geteerten Landschaftserschließungsstraßen rund um den Kehlstein sind aus bauhistorischer Sicht ein durchkomponiertes, kilometerlanges Bauwerk von hoher architektonischer Qualität, mit einer dem Stil der Zeit folgenden aufwändigen Gestaltung von Straßenbelag mit Begrenzung, Spitzgräben, Wasserablaufsystemen, Quellfassungen, Tunnels, Stützbauten sowie Ausweichen. Alle Komponenten wurden aufeinander gestalterisch abgestimmt, alle Materialien wurden in Steinbrüchen am Kehlstein vor Ort abgebaut und verarbeitet. Die Einbindung der Linienführung in die Landschaft unter Berücksichtigung der Erfordernisse des Straßen- und Tunnelbaus führte zu einer einzigartigen Verbindung von Technik und Natur. Die Idee der Nationalsozialisten, das Projekt Kehlstein Adolf Hitler zum 50. Geburtstag zu überreichen, kann als systemtypisch für das Streben nach Unterordnung und Bezwingung der Natur mittels der damals insbesondere durch den „Reichslandschaftsanwalt" Prof. Alwin Seifert und Dr. Ing. Fritz Todt vertretenen „naturnahen" Straßenbau-Ideologie gelten.

Die Kehlsteinstraße gehört zu den bundesweit klarsten Realisierungen dieser spezifisch nationalsozialistischen Straßenbauphilosophie. Die politische Bedeutung des Kehlsteinhauses als Ort der NS-Machtrepräsentation, sowie die damalige Einzäunung des 699 Hektar großen Geländes als Sicherheitszone und durch Fahrstraßen erschlossenes Vogelschutzgebiet ergänzen sich in dieser „Denkmallandschaft“ auf besondere Weise. Als außergewöhnlich aufwändiges Verkehrsbauwerk des Nationalsozialismus sind die Straßenbauten im Bereich Kehlstein somit von besonderer geschichtlicher und technischer Bedeutung. Über eine Aufnahme in die Denkmalliste des Freistaats Bayern muss daher dringend nachgedacht werden. Eine Zerstörung von Teilen dieser durchkomponierten Anlage zwecks Umgestaltung zu Forstwegen zur Holzbringung, wie in Kürze durch die Bayerischen Staatsforsten geplant, würde teils beiderseitige Natursteingräben, Spitzgräben, verdeckte Hangabsicherungen im Natursteinverfahren, Ablaufsysteme, naturnah gefasste Quellen, gestalterisch platzierte Findlinge und auch die damals in speziellen Mischungen für das Kehlsteinprojekt hergestellten Einstreu- und Maccadam-Teerdecken unwiederbringlich beseitigen. Die ursprünglichen Teerdecken und Natursteinkomponenten haben sich über die letzten 72 Jahren im Großen und Ganzen erstaunlich gut erhalten, obwohl sie durch Holzarbeiten in Teilbereichen schweren Beschädigungen ausgesetzt waren.