Der Berchtesgadener Hof zu Salzburg

Mai 2022

Den wenigsten wird bewusst werden, auf welch` geschichtsträchtigem Gebiet sie sich bewegen, wenn sie in unserer Nachbarstadt vom Nonntal, an der Kajetanerkirche vorbei, durch die Kaigasse dem Domquartier zustreben. In diesem Bereich gab es immerhin vier geistliche Herrensitze: den Berchtesgadenerhof, den Chiemseehof, den Gurkerhof und den Höglwörtherhof.

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Berchtesgadenerhof

Der Berchtesgadenerhof an der Ecke Kaigasse/Krotachgasse war von 1211 bis 1803 in Salzburgs fürsterzbischöflicher Zeit der exterritoriale Sitz des Fürstpropstes von Berchtesgaden. Wie die Geschichtsschreibung berichtet, gab es insbesondere in den ersten Jahrhunderten des Besitzes zwischen beiden Landesherren mannigfache Angelegenheiten, die selten in gut nachbarschaftlichem Geist ausgetragen wurden. Hauptthema war immer wieder die Salzgewinnung bzw. der Salztransport. Zähe Verhandlungen bis hin zu Streitigkeiten machten es seinerzeit notwendig, dass der Fürstpropst samt seiner Delegation während der gesamten Disputationen in der Residenzstadt eine Bleibe hatte.

Die Besitzung musste selbstverständlich stets auf eigene Kosten instand gehalten werden, was die Berchtesgadener Stiftskasse mitunter arg strapazierte. Es würde nicht verwundern, wenn außerdem jährliche Abgaben an den Grundherrn hätten geleistet werden müssen. Im 15. und nochmals im 18. Jahrhundert wurde der Berchtesgadenerhof  erheblich umgebaut. Der Komplex bestand danach aus dem Caplaneihäusl , dem Haus des Berchtesgadener Hofrichters und einer kleinen Kapelle.  Als sich die Verhältnisse zwischen dem Salzburger Fürsterzbischof und dem Berchtesgadener Fürstpropst schließlich verbesserten, hielt sich der Fürstpropst und sein Gefolge seltener in Salzburg auf. Die Räumlichkeiten wurden zunehmend an renommierte Persönlichkeiten vermietet, die jedoch ständig Veränderungswünsche an das Stift herantrugen. Zwischen 1840 und 1847 wurde das Gebäude dem neu gegründeten Knabenseminar Collegium Borromäum zur Verfügung gestellt; danach war der k.u.k. Poststall untergebracht. Seit 1882 gehört der Komplex der Stadt Salzburg und dient Wohnzwecken. Im Hofinnern existiert nur noch die kleine Kapelle; alle übrigen Gebäude fielen im Zweiten Weltkrieg den amerikanischen Fliegerbomben zum Opfer. Der Hof wurde in neuem Stil wieder aufgebaut, Über dem Hofeingang erinnert der Schriftzug „BERCHTESGADENERHOF“, ergänzt durch das Salzburger Landeswappen und einer Gedenktafel im Innenhof, an vergangene Zeiten.

Der Chiemseehof in der Krotachgasse gilt als der wohl größte in seinem Grundriss erhaltene Komplex und besteht nachweislich seit 1216. Er diente den Bischöfen von (Herren-) Chiemsee, die gleichzeitig die Stellvertreter des Fürsterzbischofs waren und auch von ihm ernannt wurden, als Herrensitz in der Residenzstadt bis 1812. Während der Habsburger Monarchie wurde er in einen nüchternen Stil umgebaut. Seit 1861 ist das Gebäude der Sitz des Salzburger Landtages und der Salzburger Landesregierung. Über dem Eingangsportal befindet sich ein prächtiges Wappen aus fürsterzbischöflicher Zeit.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass sowohl der Gurkerhof als auch der Höglwörtherhof  nach Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg durch Bauten in neuzeitlichem Stil ersetzt wurden.

Quellen: Geschichte von Berchtesgaden, Band II/1 Seite 338 und Band II/2 Seite 1269ff.

Text und Foto: Manfred Angerer