Die bayerischen Achtforstwälder

August 2020

Unsere Berchtesgadener Heimat hat jede Menge historisch interessanter Besonderheiten zu bieten. Unter anderem den ältesten bis heute gültigen europäischen Staatsvertrag.

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Und zwar die Bayerisch-Österreichische Salinenkonvention von 1829. Darin sind eine ganze Reihe von bilateralen Vereinbarungen getroffen worden, die den Salzbergbau des Kaiserreichs Österreich auf Königlich Bayerischem Territorium regeln. Bekanntlich reicht der Salzabbau, d. h. das Grubenfeld von der österreichischen Seite etwa drei Quadratkilometer auf bayerisches Gebiet hinüber. Um diese Salzausbeute durch Österreich zu kompensieren, wurden im 3. Abschnitt des Vertrages, den Bergbau am Dürrenberge betreffend,  der bayerischen Seite zahlreiche Gegenleistungen gewährt – und das „unwiderruflich und auf ewige Zeiten“ ! Es lohnt sich also, diesen schon bald 200 Jahre alten und noch immer gültigen Staatsvertrag zu lesen.

Doch was hat es mit den sog. Achtforstwäldern auf sich und wo liegen sie gar? Die beiliegende Karte zeigt nicht nur rot schraffiert das sog. Konventionsgrubenfeld von 1829 sondern weist auch beidseits der Roßfeldstraße grün schraffiert die Achtforstwälder aus. Um ihre Bedeutung zu erklären,  soll im Wortlaut die Beilage D „Regulativ des Holzbezuges aus königlich bayerischen Waldungen für den k. k. österreichischen Salzbergbau am Dürrenberge“ zur Salinenkonvention zitiert werden.

Der k. k. Österr. Salzbergbau am Dürrenberge wird in Ansehung seines Bedarfes an Grubenholz, für eine Quantität von jährlich dreihundert Klaftern (Anm.: entspricht heute 630 Festmetern) in den acht sog. Forstwaldungen auf bayerischem Gebiete, namens: Prielwald, Hangendmoos, Haarpoint, Roßstock, Roßbeithe, Lendlau, Mittereckwald und Eckwald eingeforstet. Der desfallsige (Anm.: dabei anfallende) Holzbezug hat unentgeltlich nach einem besonderen Regulative zu geschehen. Innerhalb der auf bayerischem Gebiete ausgesteckten Vierung steht es der k. k. Österr. Regierung frei, Steinbrüche, Thon-, Lehm-, Sandgruben etc. für den Bedarf bei ihrem Salzbergbaue und den dazu bestimmten Baulichkeiten anzulegen, insoferne sie sich mit dem Eigentümer des Grundes hierwegen abfindet. Wenn der Steinbruch, Thon-, Lehm-, oder Sandgrube auf einem Freigrunde oder dem k. Bayer. Aerar zugehörenden Platze angelegt wird, so wird der Grund zu erwähntem Gebrauche unentgeltlich überlassen“.

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Ergänzt wird der Abschnitt noch mit diversen Bestimmungen hinsichtlich der bergmännischen Aufsicht untertage bzw. der Aufsicht in den Achtforstwäldern.

Doch dies ist noch nicht alles. Österreich musste sich in der Konvention von 1829 verpflichten, das vom Forstamt Berchtesgaden aus den Achtforstwäldern bezogene Holz für den Bergbau am Dürrnberg bei bayerischen Sägen, den sog. „Konventsägen“, in der Oberau verarbeiten zu lassen. Diese waren ursprünglich die Sägen Stoffel (Hofreit), Seebach (Hahnrain), Saghäusl, Bernecker-  und Kainsäge. Die letzten beiden existieren schon lange nicht mehr und auch die Seebachsäge  hat ihren Betrieb eingestellt. Nur noch das Saghäusl und die Stoffelsäge schneiden regelmäßig und nach Bedarf. Dieses Holz wird bei den Sägen (über die vertraglich vereinbarte Menge hinaus) heute von Österreich käuflich erworben und dient am Dürrnberg vor allem der Grubensicherung zur Vermeidung von Bergschäden. Dagegen wird – wenn benötigt - die in der Konvention genannte Gesamtholzmenge (darin können 10 % Lärchenholz enthalten sein) als Stammholz aus den Achtforstwäldern abgeholt und in österreichischen Sägen für andere Zwecke verarbeitet. Die Holzfällung und die Abfuhr (einschließlich des Wegebaues dafür) in den bayerischen Achtforstwäldern obliegt den österreichischen Vertragspartnern.

Im Bereich der bayerischen Achtforstwälder durfte Österreich auch Süßwasserquellen fassen, um sie für die Solegewinnung untertage im sog. Sinkwerkverfahren in den Berg einzuleiten.  Dabei handelte es sich um Quellen im oberen Einzugsbereich des Priel- und Lettengrabens. Doch dieses Recht wird mittlerweile nicht mehr in  Anspruch genommen, da der Bergbau am Dürrnberg 1989 endgültig eingestellt wurde. Dort gibt es heute nur noch das Besucherbergwerk.

Quellen:
* Berchtesgadener Schriftenreihe Nr. 14 "Salz und Holz"
* Fritz Hofmann, Stadtheimatpfleger Bad Reichenhall: 150 Jahre  Salinenkonvention, Festschrift 1979
 * Johann Schatteiner: 175 Jahre Salinenkonvention; Berchtesgadener Heimatkalender 2005

Text und Reproduktionen:
Manfred Angerer