Denkmalfachbehörde wurde in mindestens vier Fällen nicht gehört. "Politische Entscheidung" ausschlaggebend

26.10.2009

Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) bestätigte dem Obersalzberg Institut e.V. in einem Schreiben des Pressesprechers Dr. Richard Nemec vom 23.10.2009, dass die Behörde bei den Abbrüchen auf dem Obersalzberg weder beteiligt, noch nachträglich in Kenntnis gesetzt worden war. Nur die Fälle Platterhof und Gästehaus (heutige Dokumentation Obersalzberg) seien zur Stellungnahme vorgelegt worden.

 

Grundmauern des "Modellhauses" nach der Entkernung (2001)

 

Dass auf dem Obersalzberg Bauten mit Denkmaleigenschaft ohne die hierfür gesetzlich vorgesehene Beteiligung des Landesamts für Denkmalpflege abgebrochen wurden, ist nun amtlich bestätigt. Nach einer Stellungnahme, die dem Obersalzberg Institut e.V. am Freitag per Email zuging, wurde die Fachbehörde nur in zwei Fällen gehört: Am 07.02.1990 wurden Bedenken gegen den Abbruch des ehemaligen Gästehauses "Hoher Göll" (heute Standort der "Dokumentation Obersalzberg") aufgrund des schlechten baulichen Gesamtzustandes zurückgestellt. Mit Schreiben vom 05.11.1998 hatte das BLfD schließlich noch den Abbruch des Platterhofs "zur Kenntnis genommen".

In folgenden Fällen, so Dr. Richard Nemec, erfolgte keine Einbeziehung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege nach dem Denkmalschutz:

-Abbruch der Reste von Bodenplatten und Kelleranlagen der ehem. SS-Kaserne, 2002

-Abbruch des ehem. Gewächshauses, 2002

-Entkernung des westlichen Nebentrakts des ehem. Platterhofs (sog. "Skylinerroom"), 2005

-Abbruch des Osttrakts des ehem. Gutshofes, 2007

-Abbruch der Keitel-Villa und der Jodl-Villa. [Anm: Hier handelt es sich um Gebäude der ehem. Reichskanzlei Stanggaß]

Außer diesen Denkmälern ist nach den Worten von Richard Nemec "seit 1999 im Zuge der Hotelplanungen weitere historische Substanz in ganz erheblichem Umfang beseitigt worden." Der Pressesprecher weiter: "Aufgrund einer politischen Entscheidung sollte der Denkmalschutz dort nicht mehr wirksam werden. Die Aufgabe der Erinnerung sollte ausschließlich das Dokumentationszentrum übernehmen. Da bei den Abbrüchen das BLfD weder beteiligt, noch nachträglich in Kenntnis gesetzt worden war, kann die Liste der Abbruchfälle deshalb nicht vollständig sein."

Die Behörde will auch noch beantworten, ob für den Abbruch der Ruinenreste des ehem. "Berghofs" eine Erlaubnis vorlag.