Notarielle Urlaubsbuchung Anno 1881
Januar 2025
In Archiven befinden sich Akten, die oft jahrzehntelang keiner beachtet hat, bis sie endlich entdeckt und gehoben werden. So fand ich einen, vor dem hier ansässigen königlichen Notar Georg Full, abgeschlossenen „Mieth-Vertrag“ über eine „Urlaubsbuchung“ aus dem Jahr 1881.
Dem Werk von A. Helm, „Berchtesgaden im Wandel der Zeit“ können wir entnehmen, dass die beiden russischen Zarensöhne und Großfürsten Paul und Sergius Alexandrowitsch 1881 in der Villa Alpenruhe die Sommersaison verbrachten. Ihr Vater, Zar Alexander II., war im März des Jahres einem Bombenattentat zum Opfer gefallen und so hofften sie sicherlich, in der Abgeschiedenheit Berchtesgadens, wieder zur Ruhe kommen zu können. Allerdings von St. Petersburg aus, in Berchtesgaden eine standesgemäße Unterkunft zu finden, war damals nahezu unmöglich. Mit der Suche wurde der Curator der Großfürsten Admiral Demetrio Arseniew beauftragt, welcher den Cavalliere Francesco de Orestis nach Berchtesgaden sandte, der tatsächlich fündig wurde.
1880 hatte der Berliner Direktor Eduard Haenseler die Villa Alpenruhe gekauft. Er stellte sie für die einmalige Summe von 5000 Mark gerne für eine Saison zur Verfügung. Auch für Admiral Arseniew konnte, die in der Nähe liegende Villa Anzenbach für 1600 Mark von Jakob Schwarzenbeck angemietet werden, ausgenommen waren dort nur die landwirtschaftlichen Gebäude und Grundstücke.
Der Mietzeitraum begann mit dem Eintreffen der kaiserlichen Hoheiten und endete am 30. September des Jahres. Sollten die Herrschaften nicht eintreffen oder verfrüht abreisen, bleibt es bei der Miete in voller Höhe. Sie konnte jederzeit von den Vermietern eingefordert werden. Zu Neuanschaffungen war man nicht verpflichtet. Das bewegliche Inventar wurde aufgelistet und bei der Abreise überprüft. Beschädigungen oder Verluste sollten voll erstattet werden.
Unterschrieben wurde der Vertrag von Cav. Francesco de Orestis, Jakob Schwarzenbeck, Herrn Josef Boch aus Salzburg, der als Dolmetscher und Zeuge fungierte und für den abwesenden Direktor Eduard Haenseler, dessen bevollmächtigter Hausmeister, Mathias Brandner. Es ist denkbar, dass der die Gunst der Stunde nutzte und in den Vertrag eintragen ließ, dass die Erträgnisse des vermieteten Gartens nur ihm allein zustünden.
Vom Mietvertrag wurde nur eine Urschrift für Direktor Haenseler ausgefertigt. Aber auch der zweite Vermieter, Jakob Schwarzenbeck, wünschte zu seiner Sicherheit ebenfalls eine Abschrift. Diese wurde am 9. Juli 1881 ausgestellt und liegt im Original mit Stempel und Unterschrift in unserem Archiv. Sie stammt aus dem Nachlass von Dr. Eugen Fischer, der unter dem Pseudonym „A. Helm“, nach seiner Frau Helma, seine Schriften verfasste.
Alfred Spiegel-Schmidt
Literatur:
Helm, Berchtesgaden im Wandel der Zeit, 1929, Reprint des HKV 1973,
S. 6, 238, 258/9, 330 (mit 2 Abb.).
Repros: Alfred Spiegel-Schmidt
Villa Alpenruhe im Jahr 1881.