Königsseewasser für die Salzburger Nachbarn

Juni 2024

Ein historisches Kraftwerk am Almkanal feiert Jubiläum

Unsere „Berchtesgadener Ache“, vom Zusammenfluss am Bahnhof bis zur Landesgrenze wechselt im Nachbarland ihren Namen. Sie heißt drüben plötzlich „“Königsseeache“.

Und genau beim Grenzübertritt am sog. „Hangenden Stein“ beginnt auf österreichischer Seite, von ihr abzweigend, ein Jahrhunderte altes Bauwerk, der 12 Kilometer lange Almkanal. Um ihn rankt sich eine uralte Salzburger Industrie- und Handwerksgeschichte.

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Almkanal am Kraftwerk Eichet

Schon im 13. Jh. begannen die Salzburger Fürstbischöfe in Etappen mit dem Bau dieses Kanals, indem sie mehrere Bächlein in seinem Einzugsgebiet zusammenführten. Zweck war schon damals, viele Mühlen, Schmieden, Sägen und Schleifereien und noch andere Gewerke mit Wasserkraft zu versorgen. Nicht zuletzt wurde in der Salzburger Altstadt auch die Mühle des Stiftes St. Peter sowie früher der Schrägaufzug der Festungsbahn mit diesem Wasser betrieben. Neben dem mittlerweile denkmalgeschützten Hauptkanal existieren teilweise unterirdische Nebenarme von rd. 6 Kilometer Länge für weitere Versorgungszwecke, z. B. seit alters her für das Wasserschloss Hellbrunn.

Nach Aufkommen der Elektrizität wurden am Kanal nach und nach Wasserkraftwerke gebaut. Heute sind es immer noch 14 an der Zahl. Wasserkraft zahlt sich halt im Laufe der Jahre aus! Das älteste von ihnen, das Eichet-Kraftwerk, feiert heuer sein 125-jähriges Bestehen. Zuvor war es bereits seit dem 15. Jh. eine Getreidemühle und ein Sägewerk und gehörte dem Salzburger Domkapitel. 1899 wurde dann das Kraftwerk zur Stromerzeugung in Betrieb genommen und nahezu alle Maschinenkomponenten stammen noch aus dieser Zeit – ein wahres Museum!

Der Berchtesgadener Heimatkundeverein e. V. nahm das Jubiläum zum Anlass und bat um eine Werksführung, der man kürzlich seitens der Salzburg AG gerne nachkam. Gerade für uns Berchtesgadener verbindet sich nämlich mit diesem Kraftwerk im Eichet eine gemeinsame Geschichte: es versorgte bereits ab 1886 die Lokalbahn vom Salzburger Hauptbahnhof nach St. Leonhard-Drachenloch, ehe dann erst ab 1907 die Strecke auf bayerischer Seite nach Berchtesgaden und 1909 zum Königssee verlängert wurde. Das Eichet-Kraftwerk versorgte also die Salzburger Eisenbahn- und Tramway-Gesellschaft (SETG) auf österreichischer Seite, während auf bayerischer Seite von der Bayerischen Staatsbahn (BayStsB) 1909 dann das Kraftwerk in der Gartenau gebaut wurde.

Während die Lokalbahn auf bayerischer Seite schon 1938 dem nationalsozialistischen Straßenbau weichen musste, wurde auf österreichischer Seite immerhin noch bis 1953 die Lokalbahn bis St. Leonhard betrieben und aus dem Eichet-Kraftwerk mit elektrischer Energie versorgt. Seither speist das Kraftwerk ohne größeren Umbau in das Salzburger Landesnetz ein. Vor allem die maschinelle Ausstattung ist mittlerweile 125 Jahre alt und verrichtet immer noch zuverlässig ihren Dienst. Gerade sie zu besichtigen, war dieser Besuch unseres Vereins wert. Daneben wird einem bewusst, welche Bedeutung gerade fließendes Wasser für die saubere Stromerzeugung hat.

Die Salzburg AG ist besonders stolz auf dieses historische Kraftwerk „Eichetmühle“ und bietet deshalb für jedermann jeweils donnerstags von 14 bis 15:30 Uhr eine kostenlose Besichtigung an. (Abzweig in Grödig in der Eichetsiedlung mit beschilderter Zufahrt durch einen vorgelagerten Bauernhof.)

Manfred Angerer

 

Für vorherige telefonische Vereinbarung Tel: +43 662 8884 6803