Keltenweg und Zauberwald

September 2024

Kelten zwischen Phantasie und Wirklichkeit

Es gibt Aussagen wie:
„Vom Dürrnberg führte ein Keltenweg über das Friedbichllehen zum Königssee.“
„Um den Königssee Existieren keltische Felsritzungen.“
„Die Buttenmandl sind ein keltischer Brauch.“
Über Kelten wird ohne Fakten so viel Spekulatives als Tatsache verkauft, dass ein behutsameres und vorsichtigeres Vorgehen anzumahnen ist.

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1. Die wenigsten Aussagen über Kelten sind zu 100 % gesichert, sondern haben, auch wenn Fakten vorhanden sind, nur Wahrscheinlichkeitscharakter. Und von einer Behauptung ganz ohne Fakten sollte man ohnehin die Finger lassen.

2. Geschichtsquellen (noch dazu von außen) berichten relativ wenig über die Kelten. Das meiste weiß man von Funden aus Gräbern. Aus einem Totenkult Rückschlüsse auf die Lebensweise von Menschen zu ziehen, bedarf äußerster Zurückhaltung.

3. Häufig wird der Anschein erweckt, als wäre alles vor der römischen Epoche bei uns keltisch gewesen. Dabei wird übersehen, dass die keltische Epoche mit nur 600 bis 700 Jahren relativ kurz war, kürzer als z.B. das Mittelalter.

4. Häufig wird der Anschein erweckt, als wären DIE Kelten etwas grundsätzlich anderes gewesen als DIE Germanen. Für ihre Kultur trifft dies eindeutig zu. Eine „völkische“, erst recht rassische Unterscheidung ist aber problematisch. So sind die Kelten in Mitteleuropa ja nicht als Volk eingewandert wie etwa die Hunnen, sondern vor Ort aus einer indoeuropäischen Urbevölkerung „geworden“ wie nördlich davon die Germanen auch. (Nachtrag: Von Dr. David, Archäologe und Leiter des Keltenmuseum in Manching stammt der Satz: „Es gab kein keltisches Volk, allenfalls keltische Stämme, von deren Gemeinsamkeit oder Verschiedenheit wir nur vage Kenntnisse haben.“)

5. In dem von dem Dr. David besonders empfohlenen Buch von Ade / Willmy: „Die Kelten“ heißt es: „Die Archäologie kann zwar religiöses Handeln erkennen, aber Glaubensinhalte, Götterwelt und Jenseitsvorstellungen bleiben uns größtenteils verborgen.“ Neben der Archäologie gibt es zwar auch Schriftquellen über keltische Religion. Aber diese sind rar und der Wahrheitscharakter ist bisweilen sehr mit Fragezeichen zu versehen. Das meiste, was über keltische Religion geschrieben wird, ist frei erfunden. So existierte das angeblich „keltische“ Stonehenge bereits 1200 Jahre vor den Kelten.

6. Häufig hört man, der eine oder andere Brauch sei keltischen Ursprungs. Nicht zu beweisen, aber auch nicht zu widerlegen. Doch dazu eine Analogie: Nach 1945 kamen viele Flüchtlinge und Vertriebene aus dem Osten in unsere Region. Welche ihrer Bräuche oder Traditionen haben sich bis heute, nach 65 Jahren, erhalten? So gut wie nichts. Eher unwahrscheinlich also, dass keltische Bräuche oder Traditionen die letzten 2000 Jahre überstanden haben.

7. Eine vorgeschichtliche und damit eventuell keltische Besiedlung im Berchtesgadener Talkessel ist nicht auszuschließen, doch gibt es dazu nicht einen einzigen Beweis.

Gernot Anders

Quellen:
Ade / Willmy: „Die Kelten“
Peter Kolb; Wer waren die Kelten?
Hermann Dannheimer und Rupert Gebhard: Das keltische Jahrtausend