Die vergessenen Franziskaner-Pater
Dezember 2024
Kurfürst Josef Clemens, der Administrator des Stiftes Berchtesgaden, berief 1695 die bayerischen Franziskaner aus seelsorgerlichen Gründen ins Land und übergab ihnen das verlassene Kloster der Augustiner-Chorfrauen am Anger
Die hier verstorbenen Ordensangehörigen hatten ursprünglich hinter der Marienkapelle ihren Begräbnisplatz. 1724 wurde die Klostergruft unter der Marienkapelle errichtet. Insgesamt bestattete man darin 37 Personen in den vorhandenen Nischen. Als sie alle belegt waren, entschied man sich 1898, die Gruft zu entleeren und die Gebeine der Verstorbenen in eine neu angelegte Begräbnisstätte auf dem Friedhof am Anger zu übertragen.
Obwohl alle Gebeine der Verstorbenen übertragen wurden, enthält der dortige Grabstein nur 25 Namen. Nach den Namen folgen jeweils das Sterbedatum, das Alter und die Jahre der Ordenszugehörigkeit. Mehr Verstorbene konnte man vorerst nicht bestimmen, da vermutlich die marmornen Abdeckplatten abhandengekommen waren. Vorsorglich ließ man aber, für eventuelle Nachträge, einen Abstand zu den später Bestatteten.
Vor etlichen Jahren bat mich der mittlerweile verstorbene Besitzer des Wennemayerhauses im Nonntal, zwei Marmortafeln zu begutachten, die dort im Treppenhaus eingemauert sind. Ich stellte anhand der Inschriften fest, dass es sich um die Grabplatten der Patres Symphorianus Mayr und Franz Paula Puechner aus der aufgelassenen Gruft der Franziskaner handelt.
Über Pater Symphorianus Mayr finden wir in der Bergheimat 1937, Seite 4 folgenden Eintrag: „Im vorigen Sommer wurde bei Umbauarbeiten im Wennemayerhaus im Nonntal ein alter Denkstein vorgefunden, der folgende Inschrift trägt: + P. Symphorianus Mayr Concionator obiyt 6. Dezember 1735."
Im Totenbuch der Franziskaner findet sich folgendes:"Pater Symphorianus Mayr von Landsberg war Pfarrprediger, früher Prediger und Superior; er starb im Alter von 53 Jahren, darunter 33 Ordensjahre, am 6.12.1735 in Berchtesgaden."
Wie der Stein in das Wennemayerhaus kam, ist unbekannt.
Die Grabplatte von Pater Franz Paula Puechner hat man offensichtlich erst danach gefunden. Wir wissen von diesem Ordensbruder aus der Geschichte des Franziskanerklosters, dass er, nachdem er Typhuskranke gepflegt hatte, selber an Flecktyphus erkrankte und 1741 starb (Bergheimat 1931, Seite 73).
Die Inschrift auf der Tafel lautet: „+ 6 Martij Anno 1741 obiit M.V.P. Franciscus be Paula Puechner Concionator“ (+ Am 6. März des Jahres 1741 starb M.V.P. Franz Paula Puechner, Prediger).
Beide Namen fehlen auf dem Grabstein des Franziskanergrabes, da damals die Platten nicht vorhanden waren. Sie könnten jetzt in den freigehaltenen Platz nachgetragen werden.
Auf dem Grabstein finden sich auch zwei Fratres aus dem Kloster, die in den beiden Weltkriegen gefallen sind. So Frater Zacharias Mittermaier, der im 1. Weltkrieg am 6.11.1918 im Alter von 37 Jahren „pro patria“ (für das Vaterland) starb. Desgleichen Frater Deochar Pelz, der am Ende des 2. Weltkriegs am 2.5.1945 „pro patria“ im Alter von 42 Jahren sein Leben lassen musste.
Lit.:
Bergheimat 1926, S. 36;
Pater Franz Ser. Adelhardt, OFM, Geschichte des Franziskaner-klosters Berchtesgaden, in: Bergheimat 1931, Nr. 12 – 20;
Bergheimat 1937, S. 4;
Text und Fotos: Alfred Spiegel-Schmidt